Kunstbetrachtung im Dialog, September 2021

 

In der Ausstellung „Beuys – Lehmbruck: Denken ist Plastik“ in der Bundeskunsthalle Bonn in privatem Auftrag.

 

Was verbindet Josef Beuys mit Wilhelm Lehmbruck? Beiden war Kunst ein Mittel, um schmerzhafte Erlebnisse zu verarbeiten, was Beuys sicher besser gelang als Lehmbruck. Für uns halten die beiden Künstler dramatisch-traumatische Aspekte der Vergangenheit über ihr Werk vermittelt im Bewußtsein – Voraussetzung für eine Verarbeitung.

Beide waren aber auch Erneuerer der Bildhauerkunst des 20. Jahrhunderts und Überlebende zweier Weltkriege. Und so waren sie auch Versehrte, die zutiefst erschüttert ihr Menschenbild befragten und neue, bis heute gültige Ausdrucksformen fanden.

Während Lehmbruck kurz nach dem Ende des 1. Weltkrieges seinem inneren Leiden durch Freitod ein Ende bereitete, wird Beuys in einen kreativen Widerstand gehen, der ihn zu einer der umstrittendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts werden lässt.

Beiden gelang es, durch künstlerische Mittel die durch Scmerz und Schuld bestimmten Aspekte der von ihnen durchlittenen Zeitgeschichte im Bewusstsein der Gesellschaft zu halten.

Seit 1968 wissen wir, welche Konfliktpotenziale in einer konsumsedierten Gesellschaft lauern. So forderte und fordert uns Beuys bis zum heutigen Tag auf, das in uns allen existente kreative Potenzial zur Gestaltung der Gesellschaft zu nutzen. Als Kämpfer für die Demokratie und eine umfassende Bildung war er Feinbild und Idealvorstellung in einem.

Vielleicht ist es heute besonders wichtig, einmal mehr zu begreifen, dass das Denken als Mittel der Erkenntnis die Quelle unserer Freiheit ist.

In diesem Sinne danken wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Bereitschaft, den Künstlern sehend, beobachtend und nach-denkend entgegen zu kommen.