Architektur-Rundgang Bundeskunsthalle, März 2017

 

Für Studenten der TU Berlin / Fachbereich Architektur (Model & Design), beauftragt von der Bundeskunsthalle Bonn.

 

 

„Ich bin ein progressiver Konservativer – auch in der Architektur.“

Gustav Peichl 1992

Die Bundeskunsthalle kooperiert mit dem Fachbereich Architektur (Modell & Design) der TU Berlin, um ein taktiles Modell der Bundeskunsthalle zu konzipieren, das ALLEN Besuchern der Bundeskunsthalle die architektonisch-räumlichen Besonderheiten des Baus und seiner Funktionen anschaulich machen soll.

Um die Studierenden mit der architektonischen Gestaltung und den unterschiedlichen Funktionsbereichen des Hauses vertraut zu machen, sowie Einblicke in das Konzept und die praktischen Abläufe der Bundeskunsthalle zu vermitteln, wurde ein gut zweistündiger Rundgang angeboten, in dessen Verlauf auch eine Reihe gestalterischer, architekturhistorischer und praxisbezogener Fragen diskutiert wurden.

Besonders für diese anregende Form der Auseinandersetzung vor Ort geht unser Dank an die Studierenden und Dozenten der TU Berlin sowie an unsere KollegInnen der Bundeskunsthalle.

Olaf Mextorf + Judith Graefe

 

 

Ein Wahrzeichen Bonns

Der markante Bau an der einstigen Diplomatenrennbahn wurde nach Plänen des Wiener Architekten Gustav Peichl errichtet. Es war nicht zuletzt der heitere, poetische Charakter seiner Architektur, der unter den 35 für den Ideenwettbewerb eingereichten Entwürfen den Ausschlag gab.
Im Juryprotokoll aus dem Oktober 1986 heißt es: „Der überarbeitete Entwurf versucht verstärkt, Demokratie in der Mitte Europas sowohl funktionell als auch gestalterisch in den Neubau der Kunsthalle Bonn einzubringen. Abgeschlossene funktionsgerechte Raumentwicklung einerseits und eine durch einen poetischen Charakter versuchte Ausstrahlung nach außen geben dem Bauwerk eine eigenständige Physiognomie. (…) Die aufregenden individuell gestalteten Lichttürme mit Steinverkleidung und Kupferblechabdeckung sollen den kulturellen und künstlerischen Inhalt des Gebäudes signalisieren.“
Die drei markanten, elegant zugespitzten Lichtkegel, die heute in einer leuchtend blauen Majolika-Verkleidung erstrahlen, entwickelten sich von Beginn an nicht nur zum Wahrzeichen des Hauses, sondern auch zu einem Wahrzeichen der Stadt.
Die Architektur bietet ein differenziertes und variables System von kleinen, mittleren und großen Räumen mit insgesamt 5.600 m², die sowohl mit Tages- als auch mit Kunstlicht beleuchtet werden können. Das Raumprogramm lässt jede Form von Ausstellung zu, sei es eine raumgreifende Großausstellung oder eine kleine Kabinettausstellung. Die bepflanzte Dachlandschaft, die fünfte Fassade, wie sie vom Architekten genannt wurde, dient als öffentlicher Raum für Skulpturen- und Gartenausstellungen und erweitert die Ausstellungsfläche um 8.000 m².

Text siehe http://www.bundeskunsthalle.de/ueber-uns/die-bundeskunsthalle/architektur.html

 

 

Zitate von Gustav Peichl

aus dem Dokumentarfilm „Ein Architekt aus Wien – Gustav Peichl“, 1992 (Regie: Wolfgang Lesowsky):

 

„Meine ehrlichen Bauten führen die gängigen Behauptungen ad absurdum, dass ein Verzicht auf monumentale Formensprache und auf dekorative Ausschmückungen eine Verarmung der Architektur bedeutet.“

„Ein kreativer Mensch muss das Angenehme suchen. […] Zum Angenehmen gehört das Genießen. […] Genießen nährt und fördert die Kreativität.“

„Architekten müssen ja zeichnen. […] Die Skizze ist die einfachste Form des Zeichnens. Die Skizze ist die Sprache der Architekten. […] Zeichnen ist Nachdenken auf dem Papier.“

„Ich möchte als bescheidenen Ratschlag für junge Architekten meinen, sie sollten sich das Schützenhaus am Donaukanal oder die Postsparkasse und die Steinhofkirche genauer ansehen [Architekt aller Bauten: Otto Wagner (1841 – 1918), Anm. Olaf Mextorf]. Da lernt man mehr, als in einigen Jahren Architekturstudium. Insbesondere Otto Wagner war es, der schon um die Jahrhundertwende gezeigt hat, wie in der Architektur Funktion, Technik, aber auch Ornament harmonisch und beispielhaft zusammenfügt werden kann. Otto Wagner hat es verstanden, immer modern, jedoch nie modisch zu sein. Das ist das Zauberwort und das sollte es auch heute sein. Nicht die Tagesmoden der Architektur gilt es mitzumachen, sondern die zeitlose Qualität anzustreben. Dass das nicht leicht ist, das wissen wir. Nur, die Vorbilder aus früheren Zeiten sollten uns dabei helfen.“

„Die Akademie [Akademie der Bildenden Künste zu Wien, Anm. Olaf Mextorf] versteht sich als Impulsgeber für die schöpferischen Kräfte.“

„Jedes Haus hat vier Fassaden. Wenn es rundansichtig ist. Und ein Dach. Mich ärgert immer, dass das Dach so stiefmütterlich behandelt wird. Dabei liegt gerade in der Gestaltung von Dachflächen – sei es durch Konstruktion, durch Glas oder durch Bepflanzung – sehr viel Möglichkeit, der Phantasie freien Lauf zu lassen.“

„Ich liebe Treppen. Treppen sollten nicht nur zu einem vertikalen, baubehördlich verordneten Fluchtweg verkümmern, sondern Treppen sollten Atmosphäre schaffen – durch die Form der Treppe oder durch die Konstruktion räumlich eingebunden in den jeweiligen Raum.“

„Ein Bauwerk lebt vom Gebrauchswert. Seine Qualität jedoch wird von der Poesie und der Stimmung bestimmt.“

„Die Schönheit lebt ja nicht allein von der Form, sondern von der Proportion oder von der Größe einer Form.“

 

 

Link zur TU Berlin / Fachbereich Architektur (Model & Design):

http://www.modellunddesign.de/Index.html

 

Links zur Architektur, Geschichte und Funktion der Bundeskunsthalle:

 

 

Links zu Wiener Architekten der Moderne, auf die Gustav Peichl sich bezieht:

Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951):

http://www.rheinische-art.de/cms/topics/haus-wittgenstein-in-wien.php

https://spiluttini.azw.at/project.php?id=1681

http://www.nextroom.at/building.php?id=2338

Otto Wagner (1841 – 1918):

http://www.architektenlexikon.at/de/670.htm

http://www.wien-bilder.at/2015/08/otto-wagner/

https://www.azw.at/page.php?page_id=510

Adolf Loos (1870 – 1933):

http://www.architektenlexikon.at/de/362.htm

https://deu.archinform.net/arch/122.htm

https://de.wikisource.org/wiki/Ornament_und_Verbrechen

Josef Hoffmann (1870 – 1956):

http://www.architektenlexikon.at/de/234.htm

https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Josef_Hoffmann_(Architekt)