Kunstbetrachtung im Dialog, Oktober 2022
In der Ausstellung „Tierisch was los! Tiere und ihre Menschen“ in der Kunstkammer Rau im Arp Museum Bahnhof Rolandseck.
aus dem Ankündigungstext des Museums:
In der zweiten Jahreshälfte 2022 ist in der Kunstkammer Rau »tierisch was los!« Denn in vielen Gemälden und Skulpturen der Sammlung Gustav Raus kräht, bellt und grunzt es. Ab September heißt es: Leine los, jetzt wird die Tierwelt vom Mittelalter bis in die Neuzeit entfesselt.
Mythische Tierwesen und gezähmte Kreaturen sind zentrale Gestalten in Religion und Volksglauben. Mal sind sie geistiger Ahnherr, helfender Gott, verfluchter Dämon oder symbolische Stellvertreter*innen des Menschen. In ihnen spiegelt sich die traditionell enge Bindung zwischen Tier und Mensch. Diese Bindung ist ambivalent, geprägt von Liebe und Furcht, von kompromissloser Inbesitznahme und der Akzeptanz eines nützlichen Helfers an menschlicher Seite. Beispielhaft werden einige dieser Helfer vorgestellt: Milchkühe, Schafe, Pferde und Hühner treten ins Rampenlicht der Bildbühnen.
Das nicht gezähmte Wildtier bleibt dagegen Beute. Frisch erlegt, apportiert vom treuen Jagdhund wird es von Barock-Maler*innen festgehalten, um den höfischen Jagdsport und seine Erfolge zu demonstrieren. Mehr und mehr emanzipiert sich der individuelle Hund vom anonymen Rudel, wird zum engsten Begleiter und schließlich im 18. Jahrhundert zum Freund des Menschen. Diente der Windhund in klassischen Porträts dem Jagdherrn als Ausweis seines Adels, sitzt er nun als Gefährte auf Tisch und Bank nahezu gleichberechtigt neben ihm.
Mit der Revolution der Wissenschaft in der Aufklärungszeit erhält die Tier-Mensch-Beziehung erneut einen gewaltigen Schub. Vom sezierten oder studierten Objekt wird das Tier zum Darwin‘schen Ich, wird plötzlich in uns selbst entdeckt. Forscher*innen wie Künstler*innen erkunden tierisch-menschliche Analogien.
Doch auch die andere Seite der Beziehung zwischen Tier und Mensch wird beleuchtet, die Entindividualisierung des Tieres. Als verführerische Fischplatte in schillernd bunten Farben oder als fetter Schinken besetzt das getötete Tier die Bildfläche, als aufgespießtes Objekt dient es menschlicher Gier und Neugier. Es ist eine Kunst voll morbiden Charmes, die die menschlichen Genüsse demonstriert, welche dem Tier Schmerz und Leid verursachten. Gesichtslos, fragmentiert wird es zur Ware. Die Kunstwerke der Sammlung Rau für UNICEF erzählen diese wechselvollen Geschichten von Tier und Mensch bis in unsere heutige Zeit.