Kunstbetrachtung im Dialog, Januar 2024

 

In der Ausstellung „Menschheitsdämmerung“ im Kunstmuseum Bonn.

 

Mensch!

Nicht die richtige Ansprache? Pardon, aber es geht um die Menschheitsdämmerung, um die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Bonn. Und wer, wenn nicht wir alle, die Menschen, sind da angesprochen?
Die Ausstellung ist fordernd. In vier Räumen werden Werke der Gegenwartskunst mit denen der klassischen Moderne in Bezug gesetzt – vor dem Hintergrund der jeweiligen historischen, politischen und gesellschaftlichen Zustände.
Themen wie kulturelle Aneignung, Krieg, Ausbeutung, Naturschutz und -zerstörung, künstliche Intelligenz, Identitätsverlust und -aneignung und immer wieder die Frage nach grundierender Propaganda und Manipulation sind mitunter bedrückende Konstanten, die anhand sprechender Werkzusammenstellungen zum intensiven Austausch anregen, wenn nicht auffordern.

Und sollte die Kunst tatsächlich eine Tochter der Freiheit sein, wie Friedrich Schiller es dereinst formulierte, wird sie sich in diesem Austausch zu erkennen geben. Das zumindest ist unsere Hoffnung, wenn wir mit uns Ihnen entlang einer Werkauswahl die Ausstellung ansehen und deren Wirkung diskutieren.
Apropos Kunst: Der Titel der Ausstellung „Menschheitsdämmerung“ sowie deren Gliederung (Sturz und Schrei, Liebe den Menschen, Aufruf und Empörung, Erweckung des Herzens) bezieht sich auf die 1919 von Kurt Pinthus herausgegebenen Lyriksammlung, die einen repräsentativen Querschnitt durch die expressionistische Poesie zu Beginn des 20. Jahrhunderts darstellt.
Herzliche Grüße
Olaf Mextorf + Judith Graefe

 

 

aus dem Ankündigungstext des Museums:

Die Ausstellung Menschheitsdämmerung. Kunst in Umbruchzeiten zeigt Kunstwerke aus den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die aus der Sammlung der Klassischen Moderne des Kunstmuseums Bonn stammen, im Dialog mit zeitgenössischen künstlerischen Positionen. Gemeinsam ist den Arbeiten aus beiden Epochen, dass ihr Entstehen in eine Zeit großer gesellschaftlicher, politischer und sozialer Krisen fiel und fällt – und dass diese Erfahrung in den Werken reflektiert und dargestellt wird: damals die Veränderung des Lebens durch die Folgen der industriellen Revolution, heute die aktuelle Transformation unseres gesellschaftlichen Miteinanders durch das Erleben des Klimawandels und der Erschöpfung der Ressourcen unserer Welt. Kriege und gewaltsame Konflikte, die unsere Existenz bedrohen, sowie Fragen nach Identität und Selbstbestimmung prägen sowohl den Beginn des 20. als auch des 21. Jahrhunderts.

Der Titel der Ausstellung Menschheitsdämmerung ist der gleichnamigen Gedichtsammlung von Kurt Pinthus aus dem Jahr 1919 entlehnt, die die expressionistische Lyrik des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts in vier Kapiteln zusammenfasst: „Sturz und Schrei“, „Erweckung des Herzens“, „Aufruf und Empörung“, „Liebe den Menschen“. Der Ausstellungsrundgang folgt in assoziativer Art und Weise diesen thematischen Ausrichtungen. Kunst wird hierbei als ein Mittel der Befragung der Welt verstanden, das neue Impulse für das Denken anstößt und damit auch gesellschaftlich agiert. Die Ausstellung zeigt die Krise, den gesellschaftlichen Umbruch im Blick der Kunst. Diese hinterfragt nicht nur Strukturen und bricht diese auf, sondern schafft auch neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten. Die Kunstwerke aus den beiden Jahrhunderten werden aufeinander bezogen oder zueinander in Kontrast gesetzt. So entsteht ein Netz von Bezügen und Verweisen, aber auch Unterschiede und Gegensätze werden sichtbar gemacht

 

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